6. Februar 2021

Komisches Gesicht

Empathie
Solidarität

Zwei Begriffe, die ich neuerdings sehr häufig höre. Solidarität mit Leuten, die nicht hier sind, sondern dort. Mitgefühl mit denen, die weniger haben als Du.
Der Mensch ist ein soziales Wesen. Er funktioniert nicht nach Geld, sondern nach Bedürfnissen. Das Bedürfnis nach Geld ist erlernt.
Und der Mensch sehnt sich nach anderen Menschen. Du kannst das größte Geld der Welt ansammeln und doch wirst du dich in einem Raum voller Menschen einsam fühlen. Denn sie sehen dich nicht.
Auch wenn wir neuerdings stark nach Empathie und Solidarität streben - so mag es auch sein, dass dieser Eindruck das Ergebnis meiner sozialen Luftblase ist - so sehr wird sich auch über Mitgefühl lustig gemacht.
Ein Film von 1957 thematisiert das gesellschaftliche Herangehen an Mitgefühl. Auf der einen Seite wird Mitgefühl mit Weiblichkeit und somit Sanftheit assoziiert, was in diesem Film - "Funny Face" - durch Audrey Hepburns Darstellung einer Buchhändlerin porträtiert wird. Sie wirft dem Fotografen, der von Fred Astaire gespielt wird, und den restlichen Modemenschen vor, dass sie kein intellektuelles Vermögen hätten. Ebenso wenig könnten sie das Konzept von Empathie verstehen. Die Reaktion des Fotografen: er macht sich über sie lustig und küsst sie zwischendurch - aus Empathie natürlich.
Doch will ich hier nicht ins Detail gehen. Mir geht es lediglich um den Fakt, dass der Empathiegedanke so stark mit Naivität verbunden wird. In jenem Film wird dies nicht nur durch Astaire deutlich.


2. Februar 2017

Schönheit

Es wird geschrubbt und gestriegelt.
Gesehnt nach Perfektion.
Ein Blick in den Spiegel löst Zweifel aus.
Man greift nach Cremes, nach Seifen, nach Camouflage
Um jenes Ich, welches man verkörpert, zu verstecken.
Anzupassen an Ideale.
Woher sie kommen, kann niemand sagen und doch
beherrschen sie die Gedanken, die durch den Kopf gehen
während der unglücklichen Betrachtung im Spiegel.

Da zu dick, da zu dünn.
Dort zu rund und dort zu klein.
Die Nase sollte flacher sein, die Haare
lockiger, länger, glätter, glänzender, kürzer.
Ein Griff an den Arm bringt das Faß fast zum überlaufen:
Trotz täglichen Stemmen, Boxen, Laufen
sieht er doch nicht aus, wie man es sich wünscht.

Doch ich sage: gebt mir eure krummen Nasen!
Die X- und O-Beine, die runden Stellen und die dünnen.
Zeigt mir die buschigen Augenbrauen, die ihr unter Schmerzen formt.
Denke stets, die flachste Brust kann genauso entzücken, wie es die Figur einem
Taxi in einem langen schwarzen Abendkleid am hellichten Morgen entsteigend,
vorgezeigt hat.
Imperfektion ist Gold, ist Ich, ist Du.

Ich täte alles,
um das Glitzern in den Augen,
die Lachfalten im Gesicht
und das entspannte Lächeln eines Menschen zu erblicken.
Ich muss keinen Lidstrich sehen
der länger ist als Dein Kleid, um beeindruckt zu sein.
Zeit ist kostbar, doch nicht Geld.
Zeit ist Leben und damit mehr wert als
Schuhe, die nicht passen,
Kleider, die zwicken,
Hosen, die rutschen.


20. November 2016

Sind wir frei?

Wir erachten Dinge als normal, weil sie als normal gelten.
Etwas wirkt verworren, wenn wir es nicht kennen.

Ich sah den Film Das Gespenst der Freiheit mit offenen Mund und der ständigen Frage "Was zur Hölle?".
Die Menschen taten Dinge, die für mich außerhalb jeglicher Vernunft waren. Für die Charaktere waren sie gesellschaftlich akzeptiert.

Und deswegen tun wir, was wir tun. Es wird erwartet, aber niemand wirklich weiß, warum es erwartet wird. Man schämt sich, gewisse Dinge zu tun, da sie ungewöhnlich scheinen oder unnormal.
Aber Normalität wird durch Häufigkeit erwirkt. Geschichtlich gesehen waren viele Dinge unnormal, die heute selbstverständlich sind. Wie Autos oder das Frauenwahlrecht.
Durch die Wiederholung werden sie normal.

Darum frage ich mich, ob wir wirklich frei sind in den Dingen die wir tun. Theoretisch wollen wir sie tun, aber warum wollen wir sie tun?

Es fällt uns so schwer, etwas Neues zu erschaffen als Individuum. Aber eigentlich gibt es weder normal noch unnormal. Natürlich ist dies leichter gesagt, als getan.
Aber unabhängig aller Moraltheorien, kann man alles tun, was man will. Die Gesellschaft kann einen nicht aufhalten. Es sind keine niedergeschriebenen Gesetze. Es ist eine Art von Glauben, der so sehr verinnerlicht wurde, dass man gar nicht mehr weiß, dass es künstlich ist.

Wenn man sich unwohl fühlt, muss man nicht dort bleiben, wo man ist. Man kann gehen und die Wand durchbrechen. Tatsächlich ist die Wand, der einem im Weg steht, elastischer als man glauben mag. Nur darf man ihr nicht aus dem Weg gehen.

Die Wand umschließt eine Komfortzone, die gar nicht komfortabel ist.

In letzter Zeit habe ich angefangen, auf der Straße zu singen und zu tanzen, was ich mich nie getraut habe im nüchternen Zustand.

Jetzt stelle ich mir die Frage: Was soll passieren? Ich verstoße gegen kein Gesetz. Ich verhalte mich nur auffällig. Und dies ist kein Verbrechen. 


11. November 2016

Identifikationslos

Ich bin nicht heterosexuell.

Und nein, das ist kein Coming out. Zumindest nicht im herkömmlichen Sinne, denn homosexuell bin ich auch nicht. Mit Bi, Pan, Asexualität kann ich nichts anfangen.

Ich bin keine Deutsche.

Ich bin nicht Polin, nicht Französin. Nicht Europäerin oder Kosmopolit.

Ich bin keine Frau, aber auch kein Mann. Gar nichts bin ich aber auch nicht. Und beides erst recht nicht.

Jedesmal wenn ich versuche, einen Begriff zu nehmen und ihn über mein Ich zu stellen, misslingt mir dies.
Anfangs hört er sich nett an, aber wenn ich versuche zu sagen, dass ich mich mit ihm identifiziere, hört alles auf.
Er verliert an Bedeutung.
Es mag sein, dass viele Menschen einen oder mehrere Begriffe brauchen, um sich selbst zu finden. Mir selbst helfen diese Begriffe nicht. Sie sind nur bedeutungsvoll durch ihren historischen Kontext. Das Wort homosexuell gibt es noch nicht einmal zweihundert Jahre, geschweige denn transgender.

In meinem Pass steht, dass ich Deutsche bin.
In meinem Pass steht, dass ich eine Frau bin.
Und allgemein bezieht man sich auf mich mit dem Pronomen Sie.

Ich komme damit klar, mir ist es egal. Wenn jetzt jemand sagen würde, ich wäre keine Deutsche...Ich weiß es nicht.

Diese Identifikationsbegriffe sind da und sie passen nicht ganz zu mir. Wenn jemand versucht, sie mir wegzunehmen, müsste ich mir neue Begriffe suchen. Und keiner dieser Begriffe passt wirklich zu mir.
Es ist ein Akt der Gleichgültigkeit.
Einerseits bin ich privilegiert, da ich nicht darum kämpfen muss, dass statt dem weiblich ein männlich oder sonstigem steht.
Als deutsche Staatsbürgerin habe ich viele Möglichkeiten. Und ich habe kein Land über meiner eigentlichen nationalen Identität.
Das ginge auch nicht, denn ich habe keine nationale Identität.

Und dies geht über in meiner Gedanken. Politisch kann ich mich nicht festlegen.

Dies ist das Komische an Identifikationsbegriffen. Sie sollen ganze Bereiche überdecken bzw. betiteln.
Meine Wurzeln sind polnisch, aber ist es der Baum? Nicht ganz, er ist mehr als das.

Sooft wurde ich gefragt: "Woher kommst du?"
Ich sage, das ist keine leichte Frage.
Denn in diesem Moment komme ich von zuhause. Aber eigentlich wurde ich woanders geboren und meine Eltern, Großeltern, Urgroßeltern, die auch.

Vielleicht sollten wir aufhören zu fragen, woher jemand kommt und anfangen zu fragen, wohin jemand gehen will.

Und um zurück zu meinen anfänglichen Gedanken zu kommen, selbst mit meinem Namen kann ich mich nicht identifizieren. Ich nehme ihn hin, aber jedesmal, wenn ich ihn höre, spüre ich etwas Befremdliches.

Vielleicht bin ich letztendlich doch ein Baum ohne Wurzeln, aber einer mit Ästen und Blättern.

3. Oktober 2016

Nächtlicher Versuch

Die Dunkelheit umarmt mich
Die Kälte beschützt mich
Der Regen entspannt mich

Ich nehme einen Schluck Tee
und starre in die Dunkelheit.
Ein Licht leuchtet,
noch eine Stunde und es erlischt.

Das Gewicht meiner Decke wird spürbar
Meine Gedanken lassen mich nicht
schlafen.
Die Kerze wird langsam, aber bald
ausgehen.

Ausgehen werde ich nicht.
Ich höre Schritte, eine Bewegung,
ein Jackett, dass an einem Hemd reibt.
Ein Husten
und Musik geht an.

9. September 2016

Das C ist wichtig

Heute hatte sich eine Abgeordnete der CDU in unserer Schule vorgestellt beziehungsweise auch das Parteiprogramm aufgrund der bald aufkommenden Wahlen.
Selbstverständlich wurde mal wieder nach der Gleichstellung von Homosexuellen gefragt und ebenfalls der gleichgeschlechtlichen Ehe.
Daraufhin kam die Antwort, dass die Ehe eine Institution zwischen Mann und Frau sein soll und es aus Traditionsgründen auch so sein soll.

Als ich dies hörte, stieg in mir Wut auf. Kurz darauf wurde nach ihrer Meinung gegenüber dem sozialen Geschlecht alias Gender gefragt, woraufhin eine transphobe Antwort von ihrer Seite zurückkam.

"Nur die Frau kann stillen und nur die Frau kann Kinder gebähren"

Kurz davor sagte sie, dass das C als das Christliche und somit die christlichen Werte wichtig seien, weswegen die Fragensteller solch eine Antwort zurückbekamen.
Ich dachte, meine Wut würde sich legen, aber hier ist sie mit viel weiteren Gedanken, die mir vor ein paar Stunden noch nicht eingefallen waren.

Zuallererst kann man nicht sagen, dass die Ehe eine traditionelle Institution ist. Selbstverständlich heiraten die Menschen aus Liebe, aber wie viele heiraten noch wegen Steuererleichterungen? Wie viele Menschen lassen sich heutzutage scheiden? Die Ehe ist eine wirtschaftliche Institution, wenn man bedenkt, wie viel Geld für einen Hochzeitempfang ausgegeben wird.
Wenn man das Thema Tradition anschneidet, sage ich "Alles oder nichts". Es war eine weibliche Politikerin die die Partei heute verteidigte. Würden wir nach Traditionen gehen, würde sie nicht einmal lesen können.
Denn traditionsgemäß ist die Frau das "schwächere Geschlecht" und ist "hormongesteuert", was heute noch in der Gender Pay Gap bemerkbar ist.

Abgesehen von Traditionen missfällt mir der Gedanke die Ehe als ein Privileg anzusehen. Es hat keinen Effekt auf heterosexuelle Menschen, wenn zwei homosexuelle Menschen heiraten. K E I N E N.
Umgekehrt auch nicht, allerdings hat die Differenzierung, welche sich die CDU wünscht einen direkten Einfluss auf die Wahrnehmung von Heterosexuellen auf Homosexuelle. Wenn es einen offiziellen Unterschied gibt, wird dieser noch zehnmal stärker in unserer heteronormativen Gesellschaft weitergetragen.
Panti sagt sehr richtig in ihrer Rede, dass es gleichgeschlechtlichen Paaren sehr schwer fällt alltägliche Dinge zu tun, wie sich zu umarmen oder die Hand zu geben.
Ständig lebt man in der Angst vor Homophobie, die unter dem Schutz der Meinungsfreiheit steht.

Dies führt mich zu meinem nächsten Gedanken: christliche Werte. Ich persönlich bin der Meinung, dass keine Religion eine institutionelle Kraft haben sollte, dementsprechend keinen Einfluss auf die Regierung und politische Entscheidungen. Da das Christentum nun als Ausrede verwendet wird, will ich auf christliche Werte eingehen. Was sind christliche Werte? Eine heterosexuelle Ehe? Wohl kaum, wenn es so wäre, wäre die Abstinenz nicht so hochgefragt.

Liebe, Glaube und Hoffnung

Nirgendwo etwas von Mann und Frau. Wenn ein Mensch einen anderen Menschen aus Liebe nicht heiraten darf, ist es Liebe?
Wenn ein Kind in der Schule gemobbt wird, weil es eine andere Geschlechtsidentität u./o. Sexualität hat, ist es Liebe?
Wenn ein Mensch wegen der negativen Resonanz auf sein Coming Out Suizid begeht, ist es Liebe?

Ich wünsche mir nicht, dass mein hypothetisches Kind gemobbt wird, weil ein anderes Kind schlecht erzogen und ungebildet ist.

Es war nämlich auch nicht im Interesse dieser Politikerin, sexuelle Vielfalt bzw. Geschlechtsidentitäten in der Grundschule zu lehren. "Es könnte die Kinder verwirren."
Als ich in der Grundschule war, erzählte ein Religionslehrer vom Geschlechtsverkehr mit seiner Frau. Wir waren acht. Als ich 10 war, streifte eine Biologielehrerin ein Kondom über eine Schulglocke um uns zu demonstrieren, wie man Kondome benutzt.

Hat es uns verwirrt? Etwas, aber geschadet nicht. Keiner von uns ist schwanger geworden.
Wenn man von Homosexualität in der Schule berichtet, werden die Kinder nicht gleich homosexuell. Ich werde ja auch nicht gleich zu einer e-Funktion, wenn ich davon in der Schule höre oder zum Schweineherz, dass ich in Biologie sezieren musste.

Ich denke, dass Kinder schlauer sind als Erwachsene und sehr gut verstehen, was man ihnen erklärt. Wenn man eine heterosexuelle Partnerschaft desexualisiert beschreiben kann, geht das auch mit einer homosexuellen.

Also bevor noch einmal das Christentum benutzt wird um Liebe zu verbieten, sollte man erst einmal darüber nachdenken, was das Christentum überhaupt bedeutet.

6. September 2016

Blockade

Es ist bestimmt nicht der erste Beitrag, der über eine Blockade spricht.

Seit Monaten habe ich nichts geschrieben. ich bin blockiert. Aber dann schreibe ich trotzdem. Stell dich deinen Ängsten. Stell dich deinen Blockaden. Haben die ja 1989 mit der Mauer auch gemacht.

Hier ist sie, meine emotionale Mauer.

Ich habe aber nicht nur nicht geschrieben, weil ich blockiert war, sondern weil mir auch nicht wirklich was einfällt. Außerdem war ich unterwegs und Schule ist auch noch da.

Trotzdem nehme ich meinen emotionalen, starken, weiblichen (haha), feministischen, offenen Hammer und schlage diese Mauer ein.

Ich bin selbstbewusster geworden, aber ein Telefonat führe ich immernoch mit Widerwillen. Außerdem werde ich ständig dieselbe Frage gefragt: "Was willst du eigentlich machen?"

Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, was ich gerade mache und was ich gerade mache, gefällt mir einerseits und andererseits auch irgendwie nicht.
Ich plane Projekte, singe, tanze und schreibe (irgendwie). Aber die Schule hat wieder angefangen und somit kommt der Druck immer näher mit dem Abitur und sonstigen Druckmitteln.

Ich weiß noch, wie sehr ich mit neun Angst hatte, später bei McDonalds arbeiten zu müssen, weil meine Noten so "schlecht" waren. Jetzt denke ich: "Warum nicht, Geld ist Geld und lieber Arbeit als keine Arbeit"

Zukunftspläne

Eigentlich widerspricht sich das Wort. Die Zukunft ist noch nicht da. Eigentlich ist sie nie da. Sie wird da sein, aber wenn sie da ist, nennt man sie Gegenwart.

Wie kann man also etwas planen, was nie da sein wird.
Deswegen habe ich mir vorgenommen, eine andere Perspektive einzusetzen. Gib dein Bestes und wenn es dir nicht gefällt, ändere was.

Man kann entweder was ändern oder sich dem Strom hingeben. Ich bevorzuge Ersteres. Und selbst wenn es schwer ist oder seine Zeit braucht, es gehört dazu. Und irgendwie ergibt sich immer was Unerwartetes.

Falls es dies nicht in eurem Leben tut: Sorry, aber euer Leben ist nicht lebenswert.

Das mag zwar hart klingen, aber es ist nach Mitternacht, in fünf Stunden muss ich aufstehen und mir ist nicht nach Honig-um-den-Mund-Schmiererei.

Mir passieren die wunderbarsten Dinge, wenn ich es nicht erwarte.

Denn Erwarten enthält das Wort "warten" und ich warte auf nichts.